Der Königsberater

Der Königsberater

Der Königsberater
© Lena Lieblich

Der Alte des Dorfes wurde von vielen Menschen besucht, die Rat suchten. So kam auch eines Tages ein König zu ihm. Kathi, die sich bei solchen Gelegenheiten immer nützlich machte, wie Tee kochen oder einen leichten Snack zubereiten, war natürlich besonders interessiert, was denn ein König für Fragen an den Alten hatte.

Der König war noch sehr jung und er hatte ein schönes Reich von seinem Vater übernommen, der plötzlich verstorben war. Er gab sich große Mühe, es allen gerecht zu machen, denn er wollte auch so ein guter und gerechter König sein, wie es sein Vater war.
Es stellte sich aber heraus, dass dieses Unterfangen gar nicht so einfach war.

So schilderte der König dem Alten den aktuellen Fall, der ihm besonders Kopfzerbrechen bereitete.
Die Ernte war dieses Jahr wegen dem durchgehend schönen Wetter etwas schwächer ausgefallen. Die Bauern schickten eine Gesandtschaft, die den jungen König beraten sollte. Die Berater empfahlen ihm, die Preise für das Getreide anzuheben, so würden alle Käufer ein klein wenig mehr bezahlen und sie als Bauern könnten wie immer wirtschaften und auch für die nächsten Jahre die Versorgung des Reiches sicherstellen. Der König überlegte, dass die Bauern ein wichtiger Berufstand sei und fand den Rat nicht schlecht. Er bat sich aber Bedenkzeit aus.
Dann kamen die Marktleute, die meinten, der Preis müsse gleich bleiben, denn wenn sie die Preiserhöhung weitergeben würden, kämen die Bürger und würden sie beschimpfen. Wenn eine besonders gute Ernte ist, dann reduzieren die Bauern den Preis auch nicht. Sie sollten aus diesen Überschüssen das schlechte Jahr auffangen. Der König überlegte und fand auch diese Idee sehr gut, bat sich aber auch Bedenkzeit aus.
Dann kam noch eine Vertretung der Bürger, von denen viele in seinem Dienst standen. Sie hatten von den Anträgen der Bauern gehört und legten dem König nahe, den Sold für sie zu erhöhen, dann könnten sie die höheren Preise bezahlen. Die Staatskasse war aber nicht so gut gefüllt, so machte ihm dieser Vorschlag Kopfzerbrechen.

Der Alte, der den König hatte ausreden lassen, fragte ihn, wie er es mit dem Gauben und im Speziellen mit dem lieben Gott hatten würde? Und, ob er nicht einen ständigen vertrauten Berater im Schloss hätte, der auch schon seinem Vater gedient hatte?

Der König verneinte, es gibt keinen Berater. Sein Vater hatte immer in der Stille, bei Gott seine Entscheidungen beschlossen. Er habe aber das noch nie versucht und er hörte auch die Stimme Gottes nicht in sich. Er versicherte er dem Alten, dass er das aber gerne so versuchen würde.

Der Alte bat Kathi eine Tasse Tee zu bringen und schwieg. Dabei schaute er den König freundlich an und nickte nach langer Zeit, dass der König weiterreden sollte. Dieser wusste aber nicht was er sagen sollte. So fasste der Alte zusammen, dass er es nicht allen recht machen könne und er um seine Beliebtheit fürchte. Der König nickte zu dieser knappen Zusammenfassung.

Wieder schwieg der Alte und es verging einige Zeit, bis er endlich anfing zu reden. Mein lieber König, ich verrate dir ein Geheimnis: „Kein Mensch hier auf der Erde hat neutrale Gedanken, das wissen die Menschen aber selber nicht“. Jeder gibt immer einen parteiischen Rat, selbst dein Vater würde dir Dinge Raten, die er meint, dass sie für dich gut seien, aber die sind nie neutral. Auch deine Frau, wenn du sie fragst, oder deine Kinder, jeder gibt dir genau den Rat, der für das Fortbestehen seiner Situation gut ist. Das geschieht so subtil und unterbewusst, dass es die Ratgebenden nicht einmal selbst merken.

Dem König stand nun der Mund offen, dass er nicht einmal auf seinen Vater, seine Frau oder seine Kinder hören sollte, mit dieser Antwort hatte er nicht gerechnet. Als er aber ein wenig darüber nachsann, spürte er in seinem Herzen, dass es stimmte. Er selbst gab auch oft Ratschläge, die für ihn oder sein Reich günstig waren. Er war auch nicht neutral.
Nun saß der König schweigend da und wusste nicht weiter, wenn er den Alten um Rat fragen würde, so könnte dieser auch nicht neutral sein, weil kein Mensch, also auch nicht der Alte, neutrale Gedanken haben könne.

Der Alte schaute ihn gütig an und sagte: „Darf ich dir eine Frage stellen?“
Aber ja, sagte der König erleichtert und hoffte durch die Frage aus der verzwickten Situation rauszukommen.
Der Alte meinte: „Du hast nun drei Beratergruppen gehört, was würdest du dir selber raten?“

Kathi staunte, als sie nun in das Gesicht des Königs schaute. Der stumpfe, traurige und ratlose Blick war weg, seine Augen begannen zu leuchten und er fing mit fester klarer Stimme an zu sprechen: „Ich würde ein großes Lagerhaus bauen und jedes Jahr die gesamte Ernte der Bauern aufkaufen. Sie würden für die Ernte immer den gleichen Preis bekommen, egal, ob es ein gutes, oder ein schlechtes Jahr war.

Der Alte wartete geduldig, bis der König alles genau erzählt hatte und wie es schien hatten er schon länger über diese Idee nachgedacht.

Daraufhin meinte der Alte: „Lieber König, darf ich dir noch eine Frage stellen?“ Nun schaute der König erstaunt und nickte, denn er spürte, dass seine eigene Antwort die Lösung auf sein Problem war und dieses nun gelöst sei. Er nickte und war schon neugierig, was denn der Alte noch fragen könnte.

Der Alte meinte ganz leise: „Was würde dir Gott raten?“ Nun war er erstaunt, was würde ihm Gott raten?
Es dauerte nicht lange, dann begann er, fast wie in Trance zu sprechen: „Ich soll nicht ein großes zentrales Lagerhaus bauen, sondern die Bauen sollten wie bisher auch, das Getreide einlagern. Wenn ein Feuer ausbricht, ist nur eine Scheune zerstört, bei einem zentralen Lager wäre alles verbrannt. Auch würde man sich die Kosten für den Bau des großen Lagers sparen können. Seine Schreiber würden nur Buch führen, wie viel bei jedem Bauer einlagert sei, das würde reichen. Auch könnte er einen Teil an Arme verschenken, oder, mit anderen Reichen Handel betreiben.

Plötzlich hielt er inne und schauet den Alten an: „Spricht etwa Gott auf diese Weise mit mir?“
Der Alte lächelte und nickte.

Kathi war wieder einmal erstaunt, wie es der Alte mit zwei kleinen Fragen geschafft hatte, die vielen Fragen des Königs zu beantworten. Sie war sehr stolz, dass der Alte ihr Großvater war und nahm sich vor, auch bei ihren Fragen, erst sich selbst und dann Gott als Ratgeber zu fragen. Leider hatte sie aber im Augenblick keine Probleme und konnte es darum nicht gleich ausprobieren.

    • Rott Rita am 9, Dezember 2018 um 11:59

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    Diese Geschichte ist einfach wunderbar. Vielen lieben Dank dafür. Ja es stimmt, jeder Mensch darf lernen, auf seine eigene Stimme in sich zu hören, denn die kommt vom lieben Gott und das wünsche ich jedem Menschen zu Weihnachten.

    • Hildrun Aschenborn am 15, Juli 2019 um 19:16

    Antworten

    Auch ich danke für diese Geschichte und kan nur von Herzen dem vorigen Kommentar zustimmen.

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